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RITA THÜRSTEIN

Donna Domani 
Edition: Wasserburg a. Inn 2015

   
   
   
   
   
     
     
     
   
 

MODE IST MEINE WELT
Seit über 30 Jahren prägt Rita Thürstein mit ihrer Fashionadresse „Donna Domani“ nicht nur die Modewelt Wasserburgs, sondern auch die der gesamten Region. In dieser Zeit avancierte sie zur Topadresse für all die Damen, die die Begriffe „Qualität“ und „Aktualität“ als oberste Prämisse sehen.

Es gibt nur wenige Menschen, die trotz ihres Erfolges den Boden unter den Füßen nicht verlieren. Die niemals vergessen, wo ihre Wurzeln sind und gleichzeitig andere Menschen mit Leidenschaft und ­Enthusiasmus begeistern können. Rita Thürstein ist so ein Mensch. Eine Frau, die es liebt, was sie tut und in ihrer Arbeit vollkommen aufgeht. Ihre Welt ist die Mode, Qualitätsbewusstsein ihre Philosophie und gutes Design ein unumstößlicher Anspruch. Gründe genug für Verleger Ralf Hansen, sich mit ihr ausgiebig zu unterhalten.


Frau Thürstein, woran arbeiten Sie gerade?
Die Uhren laufen in der Modewelt etwas anders, wir müssen der Zeit ja immer etwas voraus sein. Während wir die Schaufenster für die bevorstehende Frühjahrs- und Sommersaison umdekorieren und die neue Ware im Laden entsprechend präsentieren, stehen bereits die Messen für die Herbst- und Wintermode in Mailand, Paris oder Berlin auf dem Programm, die ich natürlich besuchen muss, um mich über neue Trends zu informieren und entsprechende Orderaufträge geben zu können.
Was denken Sie, wenn Sie nach einer Ordermesse wieder auf dem Heimweg sind?
Während der Messe konzentriere ich mich voll und ganz auf das, was ich meinen Kundinnen anbieten möchte und kann. Ich kenne ja deren Geschmack schon sehr genau und weiß deshalb auch immer, was in Frage kommt und was nicht. Auf dem Heimweg plagen mich dann schon ab und an Zweifel, ob gerade dieses Modell das Richtige ist oder nicht, ob der Trend im Herbst wirklich en vogue ist, ob ich zu viel geordert habe oder zu wenig. Das Gefühl ist bei diesen Überlegungen eigentlich immer gleich, aber Gott sei Dank hat mich mein Gefühl für das Richtige nie im Stich gelassen. Ein wenig Mut gehört in diesem Geschäft dazu, das ist keine Frage.
Zur Karriere von „Donna Domani“: Wo und wann haben Sie Ihren ersten Laden eröffnet?
Ich bin eigentlich gelernte Kinderpflegerin und habe seinerzeit aushilfsweise in der Boutique „La Chatte“ gearbeitet, was mir sehr viel Freude bereitet hat. Als die Besitzerin noch ein Kindermodengeschäft in der Ledererzeile eröffnete, habe ich zunächst auch dort gearbeitet, später dieses zusammen mit meiner Mutter übernommen. Irgendwann erwachte bei mir der Wunsch, schöne, exklusive Damenmode zu verkaufen, und so eröffnete ich in der Salzsenderzeile, da wo sich heute die Firma Schweigstetter befindet, meinen ersten Laden - damals schon unter dem Namen „Donna Domani“. Der Laden war leider nur 30 Quadratmeter groß, das Angebot dementsprechend begrenzt. Der Bedarf an meiner Modewelt war aber da, außerdem wurde auch viel nach Herrenmode gefragt. So zog ich dann in einen Laden in der Färbergasse, dessen wunderschönes Gewölbe mir bei meinen Ideen zur Einrichtung sehr entgegen kam. Im Januar 1986 wurde dieser Laden dann eröffnet und fortan verkaufte ich dort exklusive Damen- und Herrenmode. Ich kam dann aber sehr schnell darauf, dass gerade mein jüngeres Kundenklientel sich einen eigenen Laden wünschte, in dem die Atmosphäre einfach etwas lockerer war, in denen es beispielsweise trendige Jeans oder Mode von Fire & Ice gab. In der Schustergasse wurde dafür dann ein weiteres Geschäft eröffnet. 1997 wurde mir der Laden in der Herrengasse 2 angeboten und ich bin mit meiner hochwertigen Damenmode dorthin gezogen. Herrenmode und junge Mode verblieben in der Färbergasse, der Laden in der Schustergasse wurde geschlossen. Zehn Jahre später wurde uns die Immobilie in der sich der Laden jetzt befinden, zum Kauf angeboten. Nach einer halbjährigen Umbauzeit habe ich im Januar 2008 das neue „Donna Domani“ eröffnet, das man jetzt von zwei Seiten aus betreten kann: vom Marienplatz und von der Herrengasse.
Was hat ­Ihr Stilbewusstsein gefördert?
Ich war immer schon recht kreativ, habe als junges Mädchen viel geschneidert, gestrickt und von der Mode geträumt. Und im Laufe der Jahre prägt sich so auch ein gewisses Stilbewusstsein.
„Niemand über 40 ist noch jung, aber man kann in jedem Alter unwiderstehlich sein", hat Coco Chanel mal gesagt – stimmt das?
Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter, denn ich behaupte, dass man mit den Jahren auch immer noch ein Stück besser wird.
Welche Labels präsentieren Sie Ihrer qualitätsbewussten Kundschaft?
Odeeh, Schumacher, Diane von Fürstenberg, LalaBerlin, Iro, Closed, Set, J. Brand, 7 for all Mankind, Current Elliott - das sind wohl die wichtigsten.
Wie würden Sie das spezifische Gleichgewicht Ihrer Kollektionen beschreiben?
Ziemlich ausgeglichen, würde ich mal sagen. Bei uns findet jede Frau etwas, was zu ihr passt, was sie kleidet und ihre Persönlichkeit unterstreicht. Es sind auch Label für Frauen, die sehr selbstbewusst sind und keine Zeit zu verschwenden haben, da sie ihre Lebenswirklichkeit oftmals zu schnellen Entscheidungen zwingt. Sie müssen auch auf eine Garderobe zurückgreifen können, die gleichermaßen komfortabel und geeignet ist, den ganzen Tag hinweg getragen zu werden. Wie kann man denn morgens wissen, was eine Frau zwischen Beruf, sozialen Verpflichtungen und Familienleben erwartet? Wenn Mode dem Wohlbefinden zuträglich sein soll, dann geht das nur mit Kleidung, in der man sich gut fühlt, die schlichtweg funktioniert. Bei diesen Bedürfnissen stehen wir unseren Kundinnen zur Seite. 
Wo liegt Ihre Toleranzgrenze? Darf es auch mal gewagter sein, wenn die Kundin es wünscht?
Natürlich. Meine persönliche Toleranzgrenze beginnt dort, wenn es anfängt „billig“ im Sinne von Auffälligkeit zu wirken.
Formt Mode unsere Emotionen?
Mode und Emotion sind zwei voneinander untrennbare Begriffe. Mode besitzt die Fähigkeit, unsere Gefühle in einem sehr großen Ausmaß nach außen zu tragen. Wenn wir uns zurücknehmen wollen, tragen wir automatisch etwas Dunkles. Unsere Lebenssituationen prägen das, was wir tragen und worin wir uns wohlfühlen. Mode kann unser Empfinden in diesen Situationen sicherlich prägen.
Worauf achtet der Kunde heute mehr? Auf die Qualität des Produktes oder auf den Preis?
Ich würde sagen auf beides. Meine Kundinnen schätzen in der Regel die Qualität, die ihnen „Donna Domani“ bietet. Und wenn die Qualität stimmt, dann sind sie auch bereit, den entsprechenden Preis dafür zu bezahlen. In den letzten Jahren ist aber noch ein weiterer Faktor hinzugekommen: Es wird vermehrt danach gefragt, wo die Ware hergestellt wird. Und bei Billiglohnländern reagieren immer mehr Menschen kritisch. Was mir natürlich entgegenkommt, da ich die gleiche kritische Haltung habe und deshalb möglichst nur Ware verkaufe, die in Europa oder den USA gefertigt wird.
Woran erkennt man gute Qualität?
Am Stoff, an der Verarbeitung, an den liebevollen Details, am Schnitt und an der Passgenauigkeit. Das gesamte Erscheinungsbild sollte einfach gut passen.
Haben Sie ein Lieblingslabel?
Odeeh ist eines meiner Lieblingslabels.
Sonstige Must-haves?
Gürtel, Schuhe, Taschen – wir haben alles im Laden und können eine Frau schon von Kopf bis Fuß einkleiden. Aber die größere Auswahl an Schuhen findet man sicherlich in einem Schuhfachgeschäft.
Kommen wir zu der besonderen Problematik der Frauen bei der Businesswear. Männer haben es da vergleichsweise leicht.
Richtig. Ein Mann zieht Anzug und Krawatte an – und schon wirkt er kompetent. Die Frau hat zwar viel mehr Möglichkeiten, aber sie steht auch sehr unter Beobachtung im Hinblick auf ihre Kleidung. Man denke nur an Frau Merkel. Für die Frau geht es immer auch um die Frage: Wie präsentiere ich mich so, dass ich als Frau wahrgenommen, aber auch ernst genommen werde – und ohne, dass der Beautyfaktor überhandnimmt. Kompetenzausstrahlung – das ist für Frauen, die in einer Männerdomäne arbeiten, schon wichtig.
Verraten Sie mir ein paar bekannte Namen, die hier bereits eingekauft haben?
Sicherlich gebe ich Ihnen hier keine lokalen Namen preis, von denen es schon sehr viele gibt. Wasserburg dient aber immer wieder mal als wunderschöne Kulisse für Spiel- und TV-Filme, und dann passiert es auch, dass sich Schauspielerinnen wie beispielsweise Senta Berger seinerzeit in unserem Hause umschauen.
Karl Lagerfeld sagte mal, Männerkollektionen würden ihn zu Tode langweilen. Gilt das auch
für Sie, oder warum haben Sie seinerzeit Ihre Modeadresse für Herren wieder geschlossen?

Zu der damaligen Zeit waren viele Männer reine Bedarfskäufer, weniger interessiert am Thema Mode und bekannt dafür abzuwarten, bis die Ware im Ausverkauf angeboten wird. Mit dieser Tatsache kann man aber kein Geschäft führen, darum habe ich mich von diesem Modezweig getrennt.
Was können Sie als Einzelhändlerin tun, um im Mode-Segment Kompetenz zu zeigen?
Man kann beispielsweise Kompetenz über Vielfalt zeigen, also eine tolle Auswahl bieten. Aber man braucht auch, wie in meinem Fall, Verkäuferinnen, die modische Kompetenz ausstrahlen, sich gut auskennen und darin geschult sind, ihre Wertschätzung dem Kunden gegenüber zum Ausdruck zu bringen. Und sie müssen – gerade das ist ganz schwierig – in der Lage sein, von sich selbst Abstand zu nehmen um zu erkennen, was der anderen Person gut steht, auch wenn es vielleicht nicht der eigene Stil ist. Andererseits gehört aber auch der Mut dazu, vom Kauf abzuraten, wenn es so gar nicht passt. Ich denke, dass wir uns auf diesem schmalen Grat sehr gut bewegen, denn der Erfolg kommt nicht von ungefähr.
Welche Themen bewegen Ihre Branche derzeit?
Es ist schon so, dass politische und wirtschaftliche Probleme sich auf den Modehandel auswirken, weil ein gewisser Prozentsatz an Menschen Angst hat. Und da wird als erstes an der Kleidung gespart. Die Wirtschaft „brummt“ ja zurzeit geradezu, die Börse zieht ständig an - trotzdem halten sich die Menschen wegen der negativen Medienberichterstattungen noch zurück.
Was würden Sie demjenigen raten, der ein neues Modegeschäft eröffnen möchte?
Mut, Fingerspitzengefühl, finanzielle Basis, Disziplin und den festen Willen zum Erfolg. Gerade die Mode unterliegt einem ständigen Veränderungsprozess, und da darf man nicht den Anschluss verlieren. 
Bietet der Fachhandel heute noch die Chance, geschäftlich erfolgreich zu sein?
Es ist jedenfalls sehr viel schwieriger geworden, weil immer mehr Filialisten auf den Markt drängen. In den großen Städten kann sich doch kaum noch ein traditionelles Familienunternehmen mittlerer Größe behaupten, weil der Verdrängungswettbewerb zu groß geworden ist. Von einem kleinen Modeunternehmen ganz zu schweigen. Leider bleibt da auch die Individualität auf der Strecke. Ich höre es immer wieder von meinen Münchner Kundinnen, dass sie gerne nach Wasserburg fahren, weil ihnen das Einkaufen hier Spaß bereitet.
Wie wird sich die baldige Präsenz des schwedischen Textilhandelsunternehmen „H & M“ auf Wasserburg auswirken?
Ich denke, dass dieses Unternehmen zukünftig mehr Einkäufer nach Wasserburg zieht. Dadurch verspreche ich mir, dass sich die Stadt insgesamt auch wieder etwas mehr belebt.
Verraten Sie mir den Namen einer bekannten Modeschöpferin, deren Arbeit Sie bewundern?
Dorothee Schumacher, die es von einem kleinen
T-Shirt-Programm hin zu einer eigenen Modekollektion mit Accessoires geschafft hat.
Wie kann man Sie verärgern?
Da sind wir wieder beim Thema Qualität. Viele Menschen schimpfen einerseits über den Preis einer Ware, andererseits regen sie sich aber auch auf, wenn die Ware aus Drittländern stammt, wo Löhne bezahlt werden, von denen niemand leben kann. Ich würde mich freuen, wenn die Menschen der Mode gegenüber mehr Wertschätzung entgegenbringen. Man kann eben kein hochwertiges Produkt zum Billigpreis kaufen. Ich achte sehr darauf, dass unsere Labels möglichst in Europa hergestellt werden. Es gibt einige Materialien, wie Kaschmir oder Seide, die werden direkt vor Ort in eigenen Herstellerbetrieben verarbeitet, erfahren aber auch in ihrem jeweiligen Ursprungsland einer entsprechend hohen Wertschätzung.
Wie erholen Sie sich von Ihrer Arbeit? Wo tanken Sie Kraft für neue Ideen?
Beim Joggen am Hartsee, mit etwas Joga und ich lebe und ernähre mich sehr bewusst.
Ihre beste Eigenschaft?
Ehrlichkeit mit einer guten Portion Diplomatie.
Und Ihre schlechteste?
Ich bin manchmal schon sehr kritisch.
Gibt es Wünsche?
Ja, die gibt es. Zunächst einmal Gesundheit für die ganze Familie und dann ein wenig mehr Zeit, weil ich vorgestern Oma geworden bin und mich natürlich auch mit dem neuen Familienzuwachs beschäftigen möchte.
Frau Thürstein, herzlichen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg.

     
 © 2012 RALF HANSEN STADTBROSCHÜRENVERLAG