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DR. WALTER ESCHLE 

Sparkassenvorstand der Kreissparkasse Altötting/Burghausen
Edition: Altötting 1997

   
   
   
   
   
     
     
     
   
 

Am 1. Oktober ‘96 trat Dr. Walter Eschle bei der Kreissparkasse Altötting-Burghausen sein Amt als neuer Vorsitzender des Vorstands an. Die STADTBROSCHÜRE besuchte den Mann, dessen Hauptaugenmerk voll und ganz darauf gerichtet ist, die Sparkasse nach turbulenten Zeiten vergangener Jahre wieder in ein ruhiges und attraktives Fahrwasser zu begleiten. In diesem Interview weicht er keiner Frage aus. Klartext von Dr. Walter Eschle.

 

Mit rund 380 Arbeits- und Ausbildungsplätzen dürfte die Kreissparkasse Altötting-Burghausen wohl das bedeutendste Geldinstitut in dieser Region sein. Gibt es etwas, das Sie ändern würden, damit dies auch in Zukunft so bleibt?

Ein Kreditinstitut ist kein statisches Gefüge. Fortlaufend müssen wir unsere Marktposition überprüfen und uns hinterfragen was wir zum Wohle unserer Kunden besser machen können.

Sie wurden geholt, um frischen Wind in die Bank zu blasen, wie lautet Ihre Erfolgsphilosophie?

»Unsere Leistungsgesellschaft ist nicht nur eine Gesellschaft, in der Leistung gilt, sondern vor allem bewertet, was Leistung ist und wer sie leisten darf.« Mit diesem Zitat von Gerd Uhlenbruck möchte ich zum Ausdruck bringen, dass unser vorrangiges Ziel die Kundenzufriedenheit ist - nur wenn der Kunde mit unseren Leistungen zufrieden ist, können wir auch zufrieden sein.

Vor Monaten kam Ihre Bank wegen einiger Dinge in die Schlagzeilen. Es gab einen Vorstandswechsel und man hat Sie geholt. Um was ging es eigentlich?

Am 1.10.1996 trat ich bei der Kreissparkasse Altötting-Burghausen mein Amt als Vorsitzender des Vorstands an. Mein Vorgänger, Sparkassendirektor a.D. Siegfried Krause, hat sich entschieden, seinen Vertrag nicht mehr zu verlängern. Die Gründe sind hinlänglich bekannt und über Monate in der Presse diskutiert worden. Mein Hauptaugenmerk liegt demnach nicht in der Vergangenheit, sondern ich werde all’ meine Schaffenskraft daran setzen, unsere Sparkasse nach dieser turbulenten Zeit in ein ruhiges und attraktives Fahrwasser zu begleiten.

Sie legen Wert auf optimalen Arbeitseinsatz Ihrer Mitarbeiter. Haben Sie ein schlechtes Gewissen, wenn Sie Leute feuern müssen, die Ihrem Anspruch nicht gerecht werden?

Ich selber bin absolut leistungsorientiert, geradlinig und offen. Leistung wird von mir vorgelebt und genau dies verlange ich auch von meinen Mitarbeitern. Ich setze mehr auf das persönliche Gespräch.

Sind Sie ein cooler Mensch, oder kennen Sie Unsicherheit?

Überdurchschnittliche Motivation und Willenskraft zeichnen meinen Arbeitsstil aus. Wenn ich dann mal Situationen gegenüberstehe, die mir absolut fremd sind, dann ist es ganz menschlich, wenn man etwas unsicher ist. Unsicherheit ist für mich keine Schwäche - vielmehr eine Situation, die man selber mit Menschlichkeit bewältigen muss.

Aus der deutschen Wirtschaft tönt derzeit wieder kollektiver Optimismus. Ging es dem Geschäft mit dem Geld während der Rezession auch schlechter?

Auch wir als Sparkasse sind natürlich dem kontinuierlich raueren Wettbewerb ausgesetzt und müssen verstärkt dem Druck von außen standhalten. Kollektiver Optimismus heißt für uns aber nicht, dass wir uns ausruhen dürfen. Gerade jetzt ist es wichtig sich wieder auf ursprüngliche Werte zu besinnen und sich stets vor Augen zu halten, dass der Kunde im Mittelpunkt unseres Handelns steht.

Wen würden Sie sich noch als Kunden wünschen?

Die Kreissparkasse Altötting-Burghausen ist gemäß Satzung eine gemeinnützige und mündelsichere Anstalt des öffentlichen Rechts mit dem Sitz in Altötting. Aus diesem Grund sind wir den Bürgerinnen und Bürgern des Landkreises eng verbunden. Folglich wünschen wir uns natürlich noch mehr Kunden aus unserem Landkreis, aber ein »reicher Ölscheich« der genügend Geld mitbringt ist natürlich auch herzlich willkommen.

Es heißt, Sie sind bei Verhandlungen knallhart. Stimmt das?

Wie bereits gesagt: Geradlinigkeit und Offenheit sind meine Devise, aber immer mit dem Ziel vor Augen das Angestrebte zu erreichen - wenn das knallhart ist, dann bin ich das gerne!

Sind Sie eigentlich süchtig nach Erfolg?

Erfolg heißt, dass man das angestrebte Ziel erreicht hat und sich neue Ziele setzten muss. Süchtig nach Erfolg bin ich nicht. Er zeigt mir lediglich, dass wir alle zusammen auf dem richtigen Weg sind und das spornt mich zu neuen Leistungen an.

Würden Sie sich selbst als reich bezeichnen?

Nein.

Immerhin ein schmuckes Eigenheim.

Jeder hat unterschiedliche persönliche Werte, wie man sein Geld anlegt. Für mich gehört Eigentum dazu.

Laden Sie heute andere Freunde ein als früher?

Nein.

Hat sich Ihr Verhalten als Geldanleger geändert, seit immer mehr Geld auf Ihrem Konto landet?

Nein. Ich bin stets ein sicherheitsliebender und konservativer Anleger gewesen und das wird sich auch in Zukunft nicht ändern.

Die Sparkasse ist die Bank des Volkes. Was raten Sie Ihren Kunden, die über 5.000 - 10.000 DM Anlagevermögen verfügen.

Wir als Sparkasse sind ein regional tätiges Kreditinstitut und daher sehr dem Landkreis verbunden. Individuelle und auf die persönlichen Bedürfnisse des Kunden ausgerichtete Beratung zeichnet uns aus. Aus diesem Grund ist es egal, ob ein Kunde mit 5.000,— oder 500.000,— DM zu uns kommt. Wichtig ist, in einem gemeinsamen Gespräch die persönlichen Ziele des Kunden zu ermitteln und dann erst die Anlageempfehlungen zu geben. Aus diesem Grund kann ich keine generellen Tips geben.

Und denen, die ein- bis zweistellige Millionenvermögen anlegen wollen?

Siehe vorige Antwort.

Und Aktien?

Die Aktienmüdigkeit der Deutschen ist in letzter Zeit vielfach diskutiert worden. Die Gründe dafür sind vielschichtig. Aktien bieten sowohl Chancen als auch Risiken. Um die Aktie als attraktive Anlageform anzubieten, bedarf es vor allem breit angelegter Aufklärungsarbeit - gerade dies haben aus aktuellem Anlass die Banken und Sparkassen in letzter Zeit umfassend praktiziert.

Noch bekleckern sich die Fondsmanager nicht gerade mit Ruhm. Kaum einer schlägt den DAX, den Deutschen Aktienindex.

Der Vorteil von Aktienfonds ist, dass sie auch für Kleinstanleger interessant sind. Durch die Risikostreuung hat man zwar große Chancen, aber dennoch Sicherheit.

Nun wird diskutiert, die Steuern auf Aktien zu erhöhen. Auch Kursgewinne sollen steuerpflichtig sein. Kann die Aktie dann noch populär sein?

Ja, denn es kommt auf die persönliche Situation an und hängt vom jeweiligen Steuersatz ab.

Was sind denn Ihre persönlichen Aktienfavoriten 1997?

Werte aus dem Telekommunikations- und Medienbereich. Langfristig: Konsum- und Automobilwerte.

Empfehlen Sie Ihren Kunden außer Immobilien und Aktien auch Rentenpapiere?

Ja, besonders für den konservativen und sicherheitsliebenden Anleger.

Was spricht denn noch für Renten?

Wenn man Rentenpapiere bis zum Ende der Laufzeit behält, hat man einen sicheren Ertrag und kein Kursrisiko.

Warum sind die Realzinsen so hoch?

Ganz im Gegenteil. Die Zinslage ist in Deutschland momentan auf einem historischen Tiefststand.

Angst vor dem Euro?

Für ein vereintes Europa und zur Stärkung der wirtschaftlichen Lage auf dem Weltmarkt brauchen wir eine einheitliche Währung. Ich vertrete die Meinung, dass die Europäische Währungsunion nur unter Einhaltung der beschlossenen Konvergenzkriterien umgesetzt werden sollte.

Sollten die Politiker die Währungsunion angesichts der derzeitigen Probleme nicht besser verschieben oder am besten ganz fallen lassen?

Nein.

Italien, Spanien, Großbritannien und andere Länder bleiben nach derzeitigem Stand draußen vor der Tür. Bedeutet das nicht Spaltung Europas statt mehr Integration.

Nein.

Haben Sie selbst Ihr Vermögen schon »Euro-sicher« umgeschichtet?

Man braucht sein Vermögen nicht »Euro-sicher« anlegen. Wir beraten unsere Kunden so, als ob es in Zukunft noch weiter DM geben würde, denn die Angst vor dem »Euro« ist nicht berechtigt.

Haben es in Deutschland Frauen in Führungspositionen schwerer als Männer? Uns ist nicht bekannt, dass es beispielsweise in diesem Landkreis eine Dame gibt, die als Vorstand einer Bank fungiert.

In unserem Kreditinstitut sind Frauen genauso wie Männer in Führungspositionen zu finden. Bei der Besetzung meiner Stelle hat man sich für einen Mann entschieden, weil sich keine Frau beworben hat.

Wem würden Sie kein Geld anvertrauen, auch wenn der Profit noch so groß wäre?

Unseriösen Firmen, die zum Beispiel mit überproportional großen Renditen werben, denn Wunder kann keine seriöse Firma vollbringen.

Wie kommen Sie mit Konkurrenzinstituten klar, gibt es auch Gesprächsrunden untereinander?

Nein, es gibt keine Gesprächsrunden. Für uns ist der faire und sachliche Umgang miteinander besonders wichtig. Aus diesem Grund sind die regionalen und überregionalen Banken für uns keine Konkurrenten, sondern Mitwettbewerber.

Können Sie uns, möglichst im Schnelldurchgang, Ihren Werdegang schildern?

In Schwindegg erblickte ich das Licht der Welt, absolvierte nach meiner Schullaufbahn eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann, erwarb über den zweiten Bildungsweg die Hochschulreife und schloß danach an der Universität in Regensburg mein Studium als Diplom-Volkswirt ab. Nach einigen praktischen Jahren bei der Dresdner Bank wechselte ich zu einem Wirtschaftsunternehmen, um dort vor allem analytische und konzeptionelle Erfahrungen zu sammeln. Seit nunmehr acht Jahren war ich bei der Bayerischen Vereinsbank tätig. Zu Beginn beschäftigte ich mich mit meiner Dissertation und erwarb den akademischen Grad »Doctor rerum politicarum«. Bei der BV beschäftigte ich mich zunächst mit dem Bereich Rechnungswesen, bevor ich wieder aktiv im Firmenkundengeschäft tätig war. Zuletzt hatte ich die Leitung »Firmenkunden« der Niederlassung Mühldorf inne. Hierzu zählen die Landkreise Mühldorf, Altötting und Rottal-Inn.

Welchen Stellenwert hat für Sie Umweltschutz?

Sinnvoller und effektiver Umweltschutz hat für mich einen hohen Stellenwert, um unsere lebenswerte Heimat nachfolgenden Generationen zu sichern und zu erhalten.

Man sagt, dass es Banken in wirtschaftlich guten Zeiten nicht schlecht geht, in schlechten Zeiten noch besser. Ist da was dran?

Nein.

Hand aufs Herz, unabhängig von Ihrer Verpflichtung als Sparkassen-Chef: welcher Posten bei welchem Geldinstitut würde Ihr Herz höher schlagen lassen?

Meine jetzige neue Aufgabe füllt mich vollkommen aus. Zuerst möchte ich die gesteckten Ziele verwirklichen. Aus diesem Grund habe ich mir auch keine Gedanken über mögliche »Traumpositionen« gemacht. 

Ein Blick in die persönliche Zukunft: Wie lange planen Sie, in Altötting zu bleiben.

Die Frage habe ich Ihnen bereits vorher beantwortet.

Welche Voraussetzungen muss ein Bankvorstand erfüllen?

Die Voraussetzungen sind unter anderem im §26 der Sparkassen-Ordnung geregelt.

Sie werden in diesem Jahr 41, haben Sie irgendeine Beziehung zu der Zahl?

Nein.

Läßt die Kondition schon etwas nach?

Nein.

Wie steht es mit der Midlifecrisis?

Die ist bei mir nicht vorhanden.

Hatten Sie in Ihrem Leben niemals Existenzängste?

Nein.

Wie hoch ist prozentual gesehen der berufliche Anteil an Ihrem Leben, was machen Sie mit der übrigen Zeit?

Wie ich bereits vorher schon ausgeführt habe, nimmt mein Beruf einen großen Teil meiner Tageszeit ein. Der Rest ist meiner Familie und meinen Hobbys voll und ganz gewidmet.

Wie sehen Sie die heutige Jugend? Vor zehn Jahren ging man noch für Frieden und Öko auf die Straße, heute demonstriert das Jungvolk höchstens mal für PC’s am Studienplatz. Was ist Ihnen sympathischer?

Jeder muss ein klares Ziel vor Augen haben, das er auch dann konsequent und gemäß den allgemein gültigen »Spielregeln« verfolgt. Natürlich im Rahmen von »Fair Play«. Ein Grundsatz von mir.

Wir blicken auf 20 Jahre Emanzipation zurück. Machen Ihnen die neuen selbstbewussten Frauen Angst?

Nein. Leistung zählt. Jeder muss seinen »Mann« stehen, »Mann« kann natürlich auch eine Frau sein.

Angenommen, Sie erhalten ein Paket eines Versandhauses aus Flensburg, das Sie gar nicht bestellt haben. Würden Sie hineinschauen?

Nein, ich kenne das Gefühl der Neugierde nicht.

Was ist für Sie männlich?

Sagen Sie mir, was heute noch typisch »männlich« ist! 

Da haben Sie sicherlich recht. Dürfen denn Männer weinen?

Ja, warum nicht.

Und Schwächen? Hat Dr. Eschle Schwächen?

Ja, die trage ich persönlich mit mir aus. Ich arbeite täglich dran.

Was amüsiert Sie?

Es kommt darauf an: es kann auch die kleinste Kleinigkeit sein; nur gefallen muß sie mir.

Und was lesen Sie zu Ihrer Unterhaltung?

Bunt gemischt: von bayerischer Kultur bis Günter Grass.

Ein paar Worte zum Rassismus in Deutschland?

Ich finde, dass Extreme immer schlecht sind, ganz gleich welcher Art.

Gibt es ein geschäftliches Traumziel, dass Sie noch verwirklichen wollen?

Nein.

Und welchen Traum würden Sie sich persönlich gerne erfüllen?

Ich träume nicht nur, sondern ich handele. Aber so ein bisschen Karibik mit Sonne, Wassersport usw. wären doch nicht schlecht, oder?

Was assoziieren Sie mit Altötting?

Wallfahrt und Kreissparkasse.

Zum Schluss unseres Interviews möchten wir Ihnen noch zehn Begriffe nennen. Sie sagen uns bitte, was Ihnen dazu einfällt. Ein Joker ist erlaubt: Geld?

Absolut notwendig.

Frauen?

Ehrgeizig und zielorientiert.

Intelligenz?

Manchmal wichtiger als Gefühl.

Das Alter?

Nicht entscheidend.

Familie?

Äußerst wichtig.

Vereintes Europa?

Perspektivisch sinnvoll.

Sex?

Manchmal schmutzig.

Tod?

Für jeden gleich.

Freizeit?

Entspannung und Wohlempfinden.

Sparkasse?

Neue verantwortungsvolle Aufgabe.

Dr. Eschle, wir danken Ihnen für das Gespräch.

     
 © 2012 RALF HANSEN STADTBROSCHÜRENVERLAG