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ADI FISCHER

Intendant
Edition: Eggenfelden 1994

   
   
   
   
   
     
     
     
   
 

Herr Fischer, Ihr Name und das Theater an der Rott sind für die Eggenfeldener Theaterfreunde beinahe untrennbare Begriffe. Wie kommt das?

Ich bin seit Gründung Leiter des Eggenfeldener Musentempels und habe mehr als mein halbes Leben damit verbracht, das Theater an der Rott zu dem zu machen, was es heute ist: ein fester Bestandteil des kulturellen Lebens im Rottal.

Sie sind Österreicher?

Ja. Ich wurde am 25. Januar 1930 in Brunn am Gebirge, im Süden von Wien, geboren, werde also in dieser Spielzeit 65 Jahre alt und stehe schon seit 59 Jahren auf den berühmten Brettern, die die Welt bedeuten«. Fragen Sie mich jetzt nur nicht, warum ich zum Theater gegangen bin, ich habe keine, den üblichen Vorstellungen entsprechende Antwort darauf. Ich bin am Theater aufgewachsen, entstamme einer alten, bis zum Ur-Ur-Urgroßvater nachweisbaren Schauspielerfamilie. Mit anderen Worten: ich habe nichts Gescheiteres gelernt.

59 Jahre Theater sind eine lange Zeit.

Genau genommen zählen die ersten Jahre nicht. Als ich sechs Jahre alt war, zogen meine Eltern nach Graz. Im dortigen Schauspielhaus durfte ich meine erste Rolle spielen: den »Apfelknaben« im »Wilhelm Tell«, den kleinen Walter Tell. Man hielt mich für begabt und ich wurde immer wieder eingesetzt, bei üblichen Kinder- und Zwergrollen, diversen Lehr- und Lausbuben-Rollen und was es in diesem Alter so alles gibt. Jedenfalls war ich immer beschäftigt, was ich aber nicht immer vorteilhaft auf meine Zeugnisse auswirkte. Einzig im »Gedichtaufsagen« hatte ich nie Schwierigkeiten. Zu Kriegsende waren auch in Graz die Theater kurze Zeit geschlossen. Nach ein paar Monaten wurde dann, wenn auch mit einem Minimum an Aufwand, dafür aber mit umso größerer Begeisterung, wieder gespielt. 

Wann begann dann Ihre Zeit als Berufsschauspieler?

1948 bekam ich meinen ersten festen Vertrag und wurde als Schauspieleleve, in den Fächern »jugendlicher Komiker« ins Schauspiel-Ensemble eingegliedert. Rechnet man also meine Theaterlaufbahn erst ab diesem Zeitpunkt, so sind es doch immerhin schon 47 Jahre, die ich ohne Unterbrechung, Jahr für Jahr auf der Bühne stehe.

Sie waren zuerst Schauspieler. Wie kamen Sie zur Operette?

Ganz zufällig. Ich musste eines schönen Tages für einen erkrankten Kollegen einspringen. Beweglich war ich, eine, ich will nicht sagen »schöne«, zumindest aber laute Stimme und genügend »Höhe« hatte ich auch. Also wechselte ich fortan zwischen Schauspiel- und Opernhaus hin und her.

Wann folgte der endgültige Wechsel ins musikalische Fach?

Das war 1955. Aber nie ganz, ich wurde immer wieder, auch in reinen Sprechrollen, eingesetzt und auch heute noch hängt mein Herz am Sprechtheater. Ich wurde als Buffo für zwei Jahre nach Klagenfurt engagiert und von dort ging ich 1957 nach Salzburg ans Landestheater. Hier wurde ich bald Spielleiter und zuletzt Oberspielleiter der Operette. Wenn es meine Zeit erlaubte, gastierte ich auch an anderen Bühnen in Österreich, der Schweiz und Deutschland, außerdem war ich sehr oft beim Österreichischen Rundfunk beschäftigt.

Wie kamen Sie nach Eggenfelden?

Auf dem Umweg über Massing. Die Massinger Liedertafel besuchte in Salzburg meine Inszenierung der Operette »Die Gold´ne Meisterin«. Die Aufführung hatte allen gut gefallen und man beschloss, das Stück ebenfalls zu spielen. Spontan fragte man mich, ob ich dabei helfen würde. Ich sagte zu, es gab eine schöne Zusammenarbeit, eine geglückte Aufführung und von da an eine gute Freundschaft. Wir haben später auch unter anderem die Operette »Polenblut« und sogar die Spieloper »Der Waffenschmied« herausgebracht. Eines Tages machte mich der Dirigent der Liedertafel, Otto Hofmeister, mit Landrat Ludwig Ostermeier, dem Chef des ehemaligen Landkreises Eggenfelden bekannt und sie zeigten mir den Rohbau der künftigen Kreisberufsschule, neben der auch eine Aula entstehen sollte, in der Festveranstaltungen und auch kleine Theateraufführungen gegeben werden könnten.

Aus dieser Aula wurde dann das Theater an der Rott?

Bis dahin war es noch ein weiter Weg, aber immerhin: hier waren drei Männer zusammengekommen, voll Phantasie und Begeisterungsfähigkeit, und so veränderte sich in unseren Vorstellungen der Rohbau immer mehr und glich zuletzt, wenn auch nur gedanklich, eher einem modernen Theaterbau, in dem auch Festveranstaltungen möglich wären. 

Die Richtung war also, zumindest gedanklich, gegeben. Wie und wann wurde das Ziel erreicht?

Landrat Ostermeier konnte die verantwortlichen Gremien davon über- zeugen, dass nicht nur die Menschen in den Ballungszentren, sondern auch auf dem Lande, kulturelle Einrichtungen wünschen, dass aber vielen Bürgern eine Teilnahme am Theaterleben der größeren Städte wegen der Entfernung nur mit großen Mühen und Kosten möglich ist. Architekt Hofmeister bemühte sich, in dem bereits vorgegebenen Raum all das unterzubringen, was zum Theaterspielen nötig war, und ich stellte einen Spielplan zusammen. Wir erhielten trotz mancher Widerstände grünes Licht und ich wurde 1962 als Kreiskulturreferent des Landkreises Eggenfelden angestellt. Mit Eröffnung des Spielbetriebes 1963 wurde der Landkreis Rechtsträger des einzigen »Kreistheaters« in Bayern und ist es bis heute geblieben. Der Spielplan beinhaltet alle Kunstgattungen wie Oper, Operette, Schauspiel, Ballett, Konzert und Märchenspiel und setzt sich aus Eigenproduktionen und Gastspielen auswärtiger Ensembles aus dem In- und Ausland zusammen. 

Wie wird es weitergehen?

Nach der Zusammenlegung der Landkreise Eggenfelden und Pfarrkirchen hat der neugeschaffene Landkreis Rottal-Inn die Trägerschaft übernommen. Das Theater wurde mittlerweile großzügig renoviert, die notwendigen Arbeiten sind zwar noch nicht abgeschlossen, aber das Vorhaben bezeugt den absoluten Willen des Rechtsträgers, seine Aufgabe zur kulturellen Förderung unseres Gebietes zu erfüllen.

Hoffen wir, dass es so bleibt, zum Nutzen und zur Freude alles Theaterfreunde. Werden Sie mit 65 in Rente gehen oder stehen Sie dann dem Theater weiter zur Verfügung?

Wenn ich selbst noch einiges zum Fortbestand beitragen kann, will ich es gerne tun, auch wenn ich der Meinung bin, dass es Zeit wird, einen Jüngeren an die Sache ranzulassen. Das soll aber jetzt nicht heißen, dass ich nicht mehr auf der Bühne stehen möchte. Theater war, ist und bleibt ja mein Leben.

     
 © 2012 RALF HANSEN STADTBROSCHÜRENVERLAG